- February 6, 2015

Samwer-Brüder werden zu Lieferhelden

Rocket Internet wettet auf das Geschäft mit der Essenszustellung. Die Start-up-Schmiede der Samwer-Brüder investiert eine halbe Milliarde Euro in Delivery Hero. Die Aktie schießt in die Höhe.

Die Start-up-Schmiede Rocket Internet investiert kräftig in das Online-Geschäft mit Lebensmitteln und Essenslieferungen. Die Berliner Firma kauft sich für fast eine halbe Milliarde Euro bei der Plattform Delivery Hero ein und investiert in diverse Unternehmen. Dieses Segment sei der „nächste bedeutende Wachstumsmarkt im E-Commerce“, erklärte das Unternehmen in seiner Mitteilung. Bisher werde nur ein geringer Anteil über das Internet abgewickelt.

Für 496 Millionen Euro übernimmt Rocket Internet einen Anteil von 30 Prozent an der Plattform Delivery Hero. Diese bietet in 24 Ländern – in Deutschland unter dem Namen Lieferheld – die Möglichkeit, Essen in Gaststätten über das Internet zu bestellen und geliefert zu bekommen. 2014 übernahm das Unternehmen auch den deutschen Marktführer pizza.de.

Nach eigenen Angaben ist Delivery Hero in 24 Ländern aktiv und hat 90.000 Restaurants als Partner. Den Kaufpreis bezahlte Rocket Internet mit eigenen Aktien und einer nicht näher bezifferten Kapitalerhöhung. „Die Transaktion bestand aus dem Erwerb von Anteilen von bestehenden Gesellschaftern sowie einer Kapitalerhöhung“, hieß es in der Pressemitteilung (PDF-Datei) des Konzerns, den die Internet-Investoren Oliver, Marc und Alexander Samwer kontrollieren.

Der Konzern bildet eine neue Einheit, in der die internationalen Aktivitäten bei der Essenszustellung mit mehreren Firmen zusammengefasst werden sollen. In diese „Global Online Takeaway Group“ kommt der hauseigene Konkurrent von Delivery Hero, Foodpanda. Sie ergänzten sich regional. Zur Gruppe gehören künftig auch zwei südeuropäische E-Commerce-Anbieter, die Rocket Internet für eine nicht genannte Summe kauft, La Nevera Roja in Spanien und Pizzabo in Italien. Zudem übernahm die Tochterfirma Foodpanda diverse Konkurrenten. Die neue Gruppe sei in 64 Ländern aktiv und komme auf 78 Millionen Essensbestellungen pro Jahr, teilte der Konzern mit.

Gleichzeitig stockt Rocket Internet sein Investment in Hello Fresh auf, einen Lieferanten frischer Kochzutaten. In einer Finanzierungsrunde erhielt das Start-up eine Summe von 110 Millionen Euro. Das Investment-Unternehmen der Samwers gab davon 100 Millionen Euro, zusätzlich kaufte es einem Altinvestor Anteile im Wert von 30 Millionen Euro ab. Rocket Internet hält nun 51,7 Prozent des Start-ups, dessen Bewertung nun bei 624 Millionen Euro liegen soll. Hello Fresh liefert seinen Kunden Zutaten und passende Rezepte, das Start-up ist in einigen europäischen Ländern, aber auch Australien und den USA aktiv.

Der Online-Handel mit Lebensmitteln gilt als Wachstumsmarkt – bislang wird nur ein kleiner Teil der Einkäufe über das Internet abgewickelt. Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer erklärte, er sehe ein „enormes Marktpotenzial“. Ziel sei es, die neu gegründete Gruppe zu einem „globalen Marktführer im Bereich der Online- und mobilen Essenlieferdienste“ aufzubauen.

Neben Unternehmen mit technischem Hintergrund zeigen auch klassische Handelsketten am Lebensmittelhandel im Netz Interesse. Zudem bemühen sich Start-ups um Konzepte, auf die das Schlagwort „Tante-Emma-Laden 2.0“ passt: Kleine Ladenlokale, frische, häufig regionale Produkte sind Grundlage des Konzepts, zum Erfolg macht es jedoch der Lieferdienst. So etwa beim mehrfach ausgezeichneten Düsseldorfer Start-up Emmas Enkel, die mit dem Transport von Lebensmitteln an die Haustür Käufer ohne Zeit oder Mobilität als Zielgruppe aktivieren. Im konkreten Fall hat der Handelsriese Metro sein Interesse durch ein direktes Investment bekundet.

Rocket Internet ist ein sogenannter Inkubator, der der Start-ups aufbaut und so schnell wie möglich großzieht. Größe gilt im Internetgeschäft oft als wichtige Voraussetzung für Erfolg, zudem sollen die Firmen von einer gemeinsamen Plattform profitieren. Die Samwer-Brüder wollen vor allem Schwellenländer erschließen. Die Gesamtbewertung der großen Beteiligungen unter dem Konzerndach sei seit dem Börsengang im Oktober um rund 800 Millionen Euro gestiegen, teilte das Unternehmen mit. Fast alle von ihnen schreiben allerdings bisher auch operativ rote Zahlen.

Die Aktie von Rocket Internet legte Freitagmorgen deutlich zu und war zwischenzeitlich fast acht Prozent im Plus. Mit rund 50 Euro liegt sie deutlich über dem Ausgabepreis von 42,50 Euro und erweist sich damit als solides Investment. Nach dem Börsengang im Oktober war der Kurs abgestürzt, er erholte sich aber bald. Der Konzern ist insgesamt rund 7,2 Milliarden Euro wert.

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