- July 1, 2014

Mit Essensbestellungen zum Global Player

By Lena Traininger

Delivery Hero erobert von Berlin aus die Welt

Wenn man sie nicht braucht, häufen sie sich in der Wohnung an, wenn man sie sucht, scheinen sie wie vom Erdboden verschluckt zu sein; die Lieferdienst-Flyer. Dem schafft der Berliner Lieferdienstvermittler Delivery Hero Abhilfe; Website und App bieten einen Überblick über Lieferdienste in der Umgebung, Kundenrezensionen erleichtern die Wahl des Restaurants. Auf dem Weg zum weltweiten Marktführer hat Delivery Hero in den letzten Monaten Millionenbeträge eingesammelt – möglicherweise steht für die Helden 2015 sogar ein Börsengang an.

Die Geschichte von Delivery Hero begann 2007 mit Online-Pizza und dem Mitgründer Niklas Östberg. Der schwedische Liefervermittler expandierte rasch nach Finnland, Polen und Österreich, auch Deutschland stand auf dem Plan. Für einen Eintritt in den deutschen Markt fehlten allerdings Kapital und Kontakte. So verkauften Östberg und seine Mitgründer ihre Technologie an Nikita Fahrenholz, Claude Ritter und Team Europe, die daraufhin im September 2010 Lieferheld gründeten. Auf dem Weg zu einer länderübergreifenden Plattform starteten Niklas Östberg, Markus Fuhrmann, Lukasz Gadowski und Kolja Hebenstreit im Mai 2011 Delivery Hero und übernahmen bald Lieferheld und OnlinePizza. Mit der Akquisition von Hungryhouse sicherten sie sich den britischen Markt.

Von Berlin aus in fünf Kontinente
Zukäufe sind für das Umsatzwachstum allerdings nicht vorrangig: „95% der aktuellen Bestellungen stammen aus organischem Wachstum in den Delivery Hero-Ländern, zugekaufte Bestellungen liegen bei gerade einmal 5%“, erklärt Niklas Östberg, CEO von Delivery Hero. Die Berliner sind mittlerweile in 20 Ländern tätig, erst im Juni gaben sie die Übernahme des Lieferdienstvermittlers PedidosYa in Südamerika bekannt. Damit sind sie nun auf fünf Kontinenten vertreten. Im Umgang mit den kulturellen Differenzen der Länder setzt Östberg den Schwerpunkt auf Kommunikation: „Um in verschiedenen Märkten erfolgreich zu sein, benötigt man die richtigen Leute, die unsere Überzeugungen teilen. Wir haben einige Grundwerte, u.a. wie wir das Unternehmen leiten oder wie wir Feedback geben.“ Der Fokus liege dabei auf Transparenz, Zahlen und Ergebnisorientierung.

Wandel im Bestellverhalten
Verbraucher in den verschiedenen internationalen Märkten zeigen auch eine unterschiedliche Technologie-Affinität, gepaart mit unterschiedlich ausgeprägter Bereitschaft, die technologischen Angebote von Delivery Hero zu nutzen. Laut Östberg rangiert Deutschland diesbezüglich im Mittelfeld: „Es wird noch eine Weile dauern, bis sich die Deutschen ihr Essen überwiegend online bestellen. Man kann das mit der Flugbuchung über das Internet vergleichen – es brauchte eine Zeit, um alle demografischen Gruppen zu erreichen.“ Durch ein starkes Marketing will der Berliner Lieferdienstvermittler die Endkunden von den Vorteilen seines Systems überzeugen. Delivery Hero hat laut Östberg drei Kundengruppen: Studenten, karriereorientierte Menschen im mittleren Alter und Eltern, die zwischen Arbeit und Familie nicht die Zeit haben, selbst am Herd zu stehen. Obwohl derzeit Pizza und Co. gerade in Deutschland den Löwenanteil der Bestellungen ausmachen, wird sich der Trend zu mehr Gesundheitsbewusstsein langfristig auch auf Essensbestellungen auswirken. So sei vor 20 Jahren noch selbst gekocht worden,vor zehn Jahren war der Großteil der Bestellungen Pizza und heute gäbe es ein viel breiteres Angebot, wie Sushi, Indisch oder Thai, erklärt Östberg und führt weiter aus: „In zehn Jahren wird es viele weitere gesunde Optionen geben. Aber es liegt auch an uns, diese Entwicklung voranzutreiben und sicherzugehen, dass unsere Partnerrestaurants die Wünsche der Kunden erfüllen.“

Internationaler Investorenkreis für Delivery Hero
In den letzten Jahren machte Delivery Hero mit hohen Finanzierungsrunden Schlagzeilen – allein 2014 sammelte das Unternehmen 173 Mio. USD ein. Zu den Investoren gehören aktuell Holtzbrinck Ventures, Tengelmann Ventures, Team Europe, Kite Ventures und Phenomen Ventures sowie Ru-net, Insight Venture Partners und Luxor Capital Group. „Unsere Investoren haben ein großes Vertrauen ins Managementteam und sind mit unseren bisherigen Resultaten zufrieden. Ich glaube, dies liegt auch an kontinuierlicher, zahlenbasierter Kommunikation, mit der wir Pläne und Entscheidungen erklären.“, meint Östberg. Auch auf Investorenseite ist man zufrieden: Christoph Gerlinger stieg Ende 2013 mit der German Startups Group indirekt bei Delivery Hero, laut seiner Aus- sage einem der „Vorzeige-Start-ups Berlins“, ein: „Food Delivery-Plattformen sind ein weltweit sehr erfolgreiches Modell, wie z.B. auch die börsennotierten Wettbewerber Just Eat und GrubHub zeigen. Delivery Hero steht auch in einem gesunden Wettbewerb zu konventionellen Methoden wie Flyer und Direktvertrieb der Restaurants.“

Ausblick
Die beiden großen Konkurrenten Just Eat und GrubHub emittierten im April in London und New York, auch Delivery Hero könnte ein Gang an die Börse bevorstehen. Schon jetzt laufen laut Östberg Vorbereitungen in diese Richtung: „Wir wollen sichergehen, dass wir 2015 in einer guten Position für ein IPO sind. Ob wir dann tatsächlich an die Börse gehen, steht noch offen, aber wenn es für das Unternehmen passt, wollen wir bereit sein.“ Auch Investor Gerlinger kann sich ein IPO des Lieferdienstvermittlers gut vorstellen: „Derzeit ist unsere Beteiligung nur ein kleines, langfristiges Investment, bei einem Börsengang hätten wir Interesse, die Beteiligung zu vergrößern, und ich könnte in dem Unternehmen auf Wunsch Added Value bringen.“ Gerlinger hat durch die Börsengänge seiner Unternehmen Frogster Interactive Pictures AG in 2006 und CDV Software Entertainment AG in 2000 IPO-Expertise, -Erfahrung und wichtige Kontakte.
Ob und wo Delivery Hero an die Börse gehen würde, ist noch offen. Die USA seien zwar toleranter hinsichtlich verlustträchtiger neuer Geschäftsmodelle, Delivery Hero habe allerdings die Profitabilität seines Geschäftsmodells schon bewiesen, und damit wäre Gerlinger zufolge auch ein IPO in Deutschland sehr Erfolg versprechend.

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